Das Gelb-Orange des Tigers im ansonsten grünen Djungel, das Rot des Fliegenpilzes neben den
braunen Steinpilzen – die Bedeutung von Farben und ihre Wirkung auf den Menschen, sind seit
Urzeiten ins uns verankert. Während vieles, wovor sich unsere Vorfahren in Acht nehmen
mussten, heute keine Gefahr mehr darstellt, bleiben diese Warnfarben aber nach wie vor aktuell:
rote Stoppschilder, orangefarbene Warnwesten oder gelbe Warndreiecke. Zudem lösen Farben
mitunter weltweit die gleichen Assoziationen aus, etwa blau als kalte Farbe, die uns an Eis und
Winter denken lässt, oder gelb als warme Farbe, die für Sonne, Sommer und Strand steht. Farben
beeinflussen Menschen nachhaltig auf verschiedenste Weisen, weshalb sie im Prozess des
Brand Buildings stets eine entscheidende Rolle spielen sollten.
Farben werden immer im Kontext gelesen
Weltweit ist blau die häufigste Lieblingsfarbe von allen. Nicht umsonst treten viele Unternehmen,
die Vertrauen und einen professionellen Eindruck erwecken wollen, mit in blau gehaltenen
Corporate Designs auf. Bedeutet das, blau ist die beste Farbe für jede Marke und jedes Produkt?
Definitiv nicht. Obwohl es natürlich hin und wieder vorkommt, dass bestimmte Produkte oder
Produkt-Editionen gekauft werden, weil die Lieblingsfarbe des Konsumenten involviert ist, spielte
die allgemeine Beliebtheit einer Farbe eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist es, sich des
direkten Einflusses jeder Farbe auf den Betrachter bewusst zu sein und nicht zuletzt auch des
jeweiligen Kontexts. Eine Bank in blau strahlt Sicherheit und Seriosität aus. Eine herzförmige
Pralinenschachtel zum Valentinstag würde in blau dagegen eher kalt wirken.
Niemand ist gegen Farben immun
Mehr als 83% aller Sinneseindrücke, die wir sammeln, nehmen wir über den Sehsinn auf. Es ist
daher nicht verwunderlich, dass Farben in allen Bereichen unseres Lebens eine solche Macht
über uns besitzen. Die Kleidungsfarbe unserer Mitmenschen beeinflusst unser Urteil über sie, die
Farbe eines Raumes trägt zu unserem Temperaturempfinden bei, die Hauptfarbe einer FastFood-Anzeige kann unseren Appetit anregen. Egal ob wir rot als Farbe mögen oder nicht, sehen
wir es in Zusammenhang mit Essen, läuft uns das Wasser im Mund zusammen. So kann man
Farben gezielt verwenden, um im Betrachter die gewünschte Reaktion oder Assoziation
auszulösen, noch bevor er sich mit weiterführenden Werbetexten befasst hat. Gerade in der
Lebensmittelbranche hat sich grün zu einer Farbe entwickelt, die verlässlich auf den ersten Blick
eine ganz bestimmte Assoziation bewirkt: Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit, Bio. In diesem
Bereich ist die Farbe schon so eng mit dieser spezifischen Bedeutung verbunden, dass selbst
Produkte, die kein einziges Bio-Siegel tragen, Käufer zu der Annahme verleiten können, es
handele sich um Bio-Produkte. Diese Form der Manipulation kommt auch immer wieder in
anderen Branchen zur Anwendung, etwa in Bezug auf Fast Fashion, und ist ein Aspekt vom
sogenannten „Greenwashing“.
Im Idealfall machen sich Brands die Macht der Farben zunutze, ohne ihre Kundschaft hinters
Licht zu führen. Für so ziemlich jede Branche und jede Art von Produkt gibt es Farben, die sich in
der Vergangenheit bewährt haben, zum Beispiel schwarz, weiß, grau und silber für technische
Gerätschaften oder grün für alles, was mit Outdoor und Natur zu tun hat. Bei einigen Marken und
Produkten ist es wenig ratsam, von diesen erprobten Konzepten abzuweichen. Ein
Bestattungsunternehmen in knalligem Pink fällt zwar auf, erweckt dafür aber nicht den Eindruck,
sein Geschäft besonders ernst zu nehmen. Dabei muss man immer bedenken, dass
Sinneseindrücke nichts Bewusstes sind. Ein Mensch kann noch so aufgeschlossen und
vorurteilsfrei sein, gewisse Dinge sind einfach in uns verankert. Will sich eine Marke dennoch
über die klassischen Bedeutungen der Farben hinwegsetzen, um aufzufallen und ein Statement
zu machen, muss dabei einkalkuliert werden, dass sich Betrachter aktiv überwinden müssen,
diese automatischen Assoziationen beiseitezuschieben. Ist das Konzept gut durchdacht und
ausgearbeitet, kann sich eine ungewöhnliche Farbwahl durchaus als Geniestreich erweisen.
Farbe ist ein mächtiges Marketingtool
Farben besitzen die Macht, unsere Stimmung zu verändern, Emotionen auszulösen,
Entscheidungen zu beeinflussen und werden mitunter sogar als unterstützendes Mittel zur
Behandlung von Krankheiten genutzt. Im Brand Building können sie dabei helfen, Werte zu
kommunizieren, bestimmte Zielgruppen zu gewinnen oder sich ganz bewusst von der
Konkurrenz abzusetzen. Dafür muss man sich lediglich mit der Farbpsychologie vertraut machen,
dann steht der perfekten Farbwahl nichts mehr im Wege.